Justine Sacco arbeitet bei einer großen wichtigen Firma als, wie Tom Hanks es in „Der Krieg des Charlie Wilson“ ausgedrückt hat, sogenannte Pressepussie.
Ihr Arbeitgeber heißt IAC; zu dieser Firma gehören u.a. Ask.com, Match.com, Vimeo, About.com, CollegeHumor.
Ihr Job ist also nicht ganz unwichtig. Eher sogar ziemlich bedeutend, ist doch das, was sie veröffentlicht, prägend für das Image ihrer Firma. Ihr Name steht für ihren Arbeitgeber, sie hat daher im Prinzip keine eigene Meinung und auch keine eigenen Ansichten. Hat sie natürlich schon, allerdings gehört es zu ihrem Job, sich damit in vornehmer Zurückhaltung zu üben – offensichtlich nicht so ihr Ding, denn kurz vor einer Geschäftsreise nach Kapstadt/Südafrika twitterte sie Folgendes:
Damit nahm ihr Schicksal seinen Lauf. Während sie also nichtsahnend im Flugzeug saß, hagelte ein gigantischer Internet-Shitstorm auf ihre SM-(Social Media) Accounts, dessen sie sich erst bei Ankunft gewahr wurde. Man kennt es mittlerweile, Mord- und Totschlagsdrohungen waren darunter, nicht nur gegen sie, sondern auch gegen ihre Familie (was hat die damit zu tun? Sippenhaft anyone?). Ihr Chef war natürlich auch alles andere als amused, das muss wohl eigentlich nicht erwähnt werden. Und es hört nicht auf. Auch nach zahlreichen Entschuldigungen und Bitten um Verzeihung findet Ihr Elend kein Ende.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich schlimmer finde, ihren völlig gefailten Tweet – oder das asoziale Verhalten der Massen.
Menschen sind so widerlich. Sobald einer am Boden liegt (aus welchen Gründen auch immer, berechtigt oder unberechtigt) wird drauf getreten, mit Anlauf, mit Schwung und noch mal und noch mal und noch mal. Muss sich das gut anfühlen, wenn man seine Wut so kanalisieren kann, wenn man davon ablenken kann, dass man selbst eigentlich ein kleiner mieser W*****r ist, dessen Lebenswandel weit von Perfektion entfernt ist. Das Internet hat dieser „Hey da, ein Opfer, alle rauf!“ Mentalität die Krone aufgesetzt und eine neue Assi-Pöbel-Kultur geschaffen, die es so noch nicht gegeben hat. Ich will Frau Sacco für ihre Dummheit nicht in Schutz nehmen. Der Tweet war gnadenlos daneben, egal, ob er nur von der PR Tussie eines großen Unternehmens stammt oder von irgendwem anderen, der keine mediale Bedeutung innehat. Aber die Reaktion des Mobs zeigt, dass all diejenigen, die an dem gegen Frau Sacco gerichteten Hass-Sturm teilgenommen haben, kein Stück besser sind, also sie selbst. Man wird nicht dadurch ein besserer Mensch, dass man sich an dem Scheitern anderer hochzieht. Im Gegenteil. Morddrohungen gegen die Familie? Haben die sie noch alle? Und: Haben die keine eigenen Sorgen? Und: Warum kann es nicht mal gut sein? Sie hat sich entschuldigt, ihre Freunde und Familie haben sich (angeblich) abgewandt, den Job wird sie los sein und in der PR wird sie keinen Fuß mehr fassen können. Ist das nicht Strafe genug? Ich finde schon und ich finde, dass die Leute im Netz alle gefälligst mal den Ball flach halten und vor ihrer eigenen Tür kehren sollen, anstatt jede sich bietende Gelegenheit zu Nutzen, das eigene kleine Ego am Elend völlig Fremder aufzupolieren. Man kann und soll gern seine Ansichten äußern, da spricht nichts gegen – aber nicht auf diese Art und Weise, das ist einfach nur zum Kotzen.