Interview zu Frauen und Computerspielen am Beispiel von GTA 5

Mittwoch bekam ich einen Anruf von Lisa-Mia Schaich, einer freien Medienpädagogin, die gerade eine Projektwoche mit Schülerinnen und Schülern der 12.Klasse der Nelson-Mandela-Gesamtschule in Hamburg geleitet hat. Diese Projektwoche wurde von TIDE 96,0, Hamburgs Communitiysender und Ausbildungskanal, organisiert.

Man bat mich, fürs Radio ein paar Fragen zu den Themen Frauen und Computerspiele sowie, etwas spezieller, Frauen und GTA 5 zu beantworten. Klar habe ich zugesagt, weil ich solche Arten von Schulaktivitäten abseits des Klassenraumes für eine gute Sache halte. Am Freitag wurden dann zwei Sendungen à 28 Minuten ausgestrahlt, eine mit mir. Leider habe ich sie nicht gehört und es scheint auch keine Aufzeichnung zu geben, was schade ist… jedenfalls dachte ich, dass die gestellten Fragen durchaus interessant und meine Antworten möglicherweise ebenfalls lesenswert sind, daher veröffentliche ich hier nun alles (ich hatte die Fragen vorher per Mail zugeschickt bekommen, so dass ich die Möglichkeit hatte, mich vorzubereiten).

Thema 1: Frauen und GTA 5

1. Warum werden die Frauen in den meisten Videospielen sexistisch dargestellt?

Was genau heißt denn sexistisch? ;)
Spiele werden überwiegend für Männer gemacht. Die mögen Frauen, die sexy und heiß sind. Also werden sie häufig leicht bekleidet dargestellt. Das Auge spielt mit. That“s it.

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2. Was halten Sie von der Frauenrolle in GTA 5?

Ich finde sie gar nicht so schlimm, ehrlich gesagt. Ich meine, viele Frauen kommen nicht vor. Bisher sind mir nur Tante und Cousine von Franklin sowie Tochter und Frau von Michael untergekommen sowie eine Tabledancerin – die man nicht anfassen durfte und wenn, kam der Türsteher ;)
Tochter und Frauen taugen nicht viel, Tochter rennt einer Schauspielkarriere hinterher und landet dann halbwegs in der Pornoindustrie oder macht bei idiotischen Shows wie Shame or Fame mit (wáhrscheinlich vergleichbar mit DSDS) und Ihr Vater rettet sie dann. Die Mutter hat erst was mit dem Tennistrainer, dann mit dem Yogatrainer, gerät in Schwierigkeiten und auch hier muss Michael helfen. Klingt erstmal nicht so positiv, aber: Die Charaktere sind ja nicht per se schlechte Frauen. Sie sind so, weil Michael, Mann und Vater, versagt hat, sich nicht kümmert, keine Verantwortung für die Familie übernimmt, sein Leben nicht im Griff hat und ständig in Schwierigkeiten steckt. Man kann nun natürlich, wenn man unbedingt will, argumentieren, dass die Frauen als unselbständig und fehlgeleitet dargestellt werden, weil ihre Handlungen so von der Ehemann, bzw. Vaterfigur abhängig gemacht werden, aber nun – ist doch normal, dass einen Eltern und Lebenspartner stark beeinflussen. Sein Sohn ist im übrigen auch ein Taugenichts, der bekommt auch nichts auf die Reihe. Meiner Meinung nach sind die Frauenfiguren im Spiel dazu da, die Charaktere der Männer deutlicher zu skizzieren, die Charakterentwicklung mit zu unterstützen (in welche Richtung auch immer), aber eine eigene wirkliche „Rolle“ haben sie im Spiel nicht, muss ja auch nicht sein.

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3. Würden Sie als Frau etwas an dem Spiel ändern? Wenn ja, was?

Ich würde zu den drei männlichen Hauptfiguren vielleicht tatsächlich noch eine weibliche hinzunehmen, der Abwechslung halber. Vielleicht nen Charakter à la Grieselda Blanco, das wäre cool. Wer sie nicht kennt: Sie war ein echt mieser Drogenboss in den USA, vorwiegend in den 60er und 70er Jahren, eiskalt, hat alle nieder gemacht, die sich ihr im Kokaingeschäft in den Weg gestellt haben. Besonders gut ausgesehen hat sie dabei eher nicht ;)

4. Was ist der Reiz an dem Spiel für Frauen die GTA spielen?

Ich glaub, wenn man als Frau GTA spielt, dann aus den selben Gründen, wie die Männer: Tolle Open World, man kann hin, wo man will, unendlich viel entdecken, es gibt viele abwechslungsreiche Missionen, man lernt die Charaktere kennen, lernt sie zu mögen oder auch sie zu hassen, denkt darüber nach, was sie tun – und ist einfach gut unterhalten und hat Spaß dabei :)

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5. Ist es ein Reiz für Frauen die Rolle des Mannes zu übernehmen ?

Ich spiele wegen der größeren Identifikationsmöglichkeiten lieber Frauen, gerade bei Spielen, mit denen man sich länger beschäftigt – aber Männer zu spielen ist auch völlig ok. Besonders reizvoll im Sinne von „man lernt was Neues und taucht in eine andere Welt ab“ finde ich es allerdings nicht, so weit geht das dann doch nicht, aber es ist absolut ok.

 Thema 2: Frauen und Computerspiele allgemein

1. Woran liegt es, dass Frauen seltener Computerspiele spielen?

Computer gehören ja in den Technikbereich und das ist ich sag jetzt mal „traditionell“ immer noch eine Männerdomäne. Als die ersten Computer aufkamen, haben sich fast nur Männer damit beschäftigt, Frauen waren da die Ausnahme und so waren die Spiele auch auf Männer ausgerichtet (man ballerte halt rum). Das erste nicht Shooter Spiel, an dem auch Frauen Freude hatten, war Pac-Man… Aber auch heute sind die meisten Spiele interessenmäßig immer noch auf Männer ausgelegt und die Spiele, die mehr für Frauen konzipiert sind (z.B. die Sims) sind sterbenslangweilig…
Auch haben Frauen häufig weniger Hobbies als Männer – nicht immer, aber oft beschränkt es sich auf Shoppen und Freundinnen treffen und wenn darüber hinaus mal was auftaucht, sind „nutzlose Spiele“ nicht unbedingt die erste Wahl. Wenn man dann noch ne Famlie hat, sich um Kinder kümmern muss (bleibt auch meist immer noch an der Frau hängen…) bleibt darüber hinaus auch nicht viel Zeit.

2. Hat es auch damit, zu tun, dass wenige oder fast gar keine interessanten Frauenfiguren in den Spielen vertreten sind?

Also ich würde sagen, dass Lara Croft z.B. eine sehr interessante Frauenfigur war – stark, mutig, schön mit „nem aufregenden Job… trotzdem war Tomb Raider kein Hit unter den Damen. Vielleicht fehlte es an Identifikationsmöglichkeiten… letztendlich ging Lara ja auch nicht nur wegen des Gameplays in die Geschichte ein, sondern, weil sie so heiß ist ;) Ich glaube also eher nicht, dass es daran liegt.

3. Fühlen Sie sich während Sie Computerspiele spielen diskriminiert?

Nein. Ich bin da nicht so empfindlich. Ich fühle mich nicht gleich objektiviert, weil ich mal eine halbnackte Frau sehe oder weil Mario und Link die hilflosen Frauen retten müssen, die es selbst nicht auf die Reihe kriegen oder sowas. Ich denke darüber höchstens mal theoretisch nach, aber ich zocke just for fun, der Rest ist mir egal.

4. Woran könnte es liegen, dass immer mehr Frauen Computerspiele spielen?

Frauen sind ja häufig auch mehr so dahinter her, was andere von ihnen denken – Computerspiele haben mittlerweile nicht mehr ganz so die schlechte Lobby unter den ich sag mal unter 40-Jährigen – klar gab es den RTLII Fehlgriff auf der Gamescom 2011 und auch heute noch werden Computerspiele mit Gewaltzunahme und Realitätsverlust in Verbindung gebracht, aber es wird denke ich trotzdem (wenn auch nur ganz langsam) immer mehr klar, dass das absoluter Quatsch ist. Jedenfalls „trauen“ sich Frauen jetzt glaube ich mehr, weil das Stigma „Du zockst, hast Du sie noch alle?“ nicht mehr ganz so stark ist. Es ist sozial einfach akzeptierter. Wenn man dann noch sieht, wie viel Freude z.B. der Freund beim Zocken hat, probiert man es vielleicht eher noch mal aus.

5. Könnte das virtuelle Leben das reale Leben beeinflussen?

Ich glaub, Ihr wollt jetzt auf WoW und Suchtverhalten hinaus, aber Spiele sind wenn überhaupt nur ein Symptom, keine Ursache. Wenn das eigene Leben gut läuft und man alles im Griff hat, spielt man automatisch nur so viel, wie es einem gut tut. Wenn man Depressionen oder Ähnliches hat, keine Freunde vielleicht, nichts, wofür er sich aufzustehen lohnt, findet man in Spielen möglicherweise Halt – immer noch besser als Alkohol oder Drogen, vielleicht. Damit ist 24/7 Dauerzocken nur ein Ausdruck dafür, dass irgendwas nicht stimmt, aber das wäre ohne Spiele auch nicht anders.
Und positiv beeinflussen? Da bin ich unsicher. Vielleicht gibt es einem mehr Selbstbewusstsein im Alltag, wenn man erfolgreich eine Onlinegilde leitet oder so, könnte sein, aber ich weiß es nicht.

6. 89% der Spiele haben männliche Hauptfiguren? Warum ist das so?

Muss wohl auch am traditionellen Rollenbild liegen. In Spielen sind Missionen ja häufig von Helden zu erledigen, der klassische Held ist immer noch ein Mann. Es wird ja auch viel gekämpft, mit Schwert und Schusswaffe, es gibt Tote, wahrscheinlich ist das Denken immer noch so, dass das nur in Ausnahmefällen zu Frauen passt, die dann richtig badass und cool sein müssen und das so hinzubekommen, dass die Kunden die Figur dann immer noch mögen, ist möglicherweise schwierig – Die Hauptkundschaft sind ja auch immer noch die Männer – und die wollen wenn, dann Frauen spielen, die sexy und verführerisch sind – das passt in viele Rollen nicht. Hitman als Frau beispielsweise wäre da wohl eher nichts – da geht man eher auf die Identifikationsschiene.
Die Screenshots stammen von der Herstellerseite http://www.rockstargames.com.