Komplizierte Pläne, plötzliche Realitätseinbrüche und IMMERNOCH KEINE DRACHEN!!! Geeksisters rekapituliert „First of His Name“, eine Game of Thrones Folge, in der gleichzeitig zu viel und zu wenig geredet wird und deren Handlung uns teilweise noch erklärt werden muss (plz help!).
Kann Spoiler für die gesamte Serie bis zur aktuellen Folge enthalten. Enthält Romanvergleiche. Spoilert KEINE Buchinhalte über die aktuelle Folge hinaus. In Unkenntnis und offener Missachtung der deutschen Übersetzung bleiben alle Orts-, Ordens- und Familiennamen englisch.
Wöchentliche Recaps haben einen großen Nachteil: Man kann nicht einfach aufhören, sie zu schreiben, nur weil in der Folge dieser Woche so schrecklich wenig passiert ist. Nicht, dass „First of His Name“ arm an wichtigen Ereignissen gewesen wäre, aber irgendwie war es nun die dritte Episode in Folge, die sich anfühlte wie ein langes Luftholen. Es steht immerhin zu hoffen, dass uns die Serie beim Ausatmen mit dem Staffelfinale alle von den Stühlen reißt, aber momentan fehlt etwas.
Das beginnt bereits damit, dass mit Tyrion die Figur, die den größten Unterhaltungswert hat, in dieser Woche keinen Auftritt hatte. Er sitzt nach wie vor im Kerker und wartet auf seine Verhandlung, während King’s Landing die Krönung seines Neffen Tommen zum neuen Herrscher der sieben Königreiche bejubelt. Auf die Zeremonie folgt ein von Cerseis Seite überraschend ehrliches Gespräch mit Margery Tyrell. Es ist tatsächlich sie, die das Gespräch in Richtung einer möglichen Hochzeit zwischen Margery und ihrem kostbaren Sohn lenkt. Dass Cersei scheinbar auf Kuschelkurs geht, während Margery mit großen unschuldigen Augen lügt, sie trauere immernoch um ihren geliebten Joffrey und habe noch nicht einen Gedanken an eine neue Verlobung verschwendet, verspricht für die zweite Staffelhälfte eine spannende Dynamik zwischen den beiden Figuren, die noch immer nicht in offener Opposition zueinander stehen. Beide sind Frauen, die in einer eigentlich männlich dominierten Gesellschaft um Machtpositionen ringen und beide sind daran gewöhnt, es sehr subtil und unterschwellig zu tun. Es scheint klar: Sollten sie sich nicht auf wundersame Weise doch noch verbünden steht uns ein Machtkampf bevor, und es fällt schwer zu sagen, wer daraus siegreich hervorgehen sollte.
Übrigens stellt sich heraus: Cersei hat offenbar keine andere Wahl, als ihren Sohn mit Margery zu verheiraten und die Bindung zur Familie Tyrell sogar noch weiter zu stärken, indem sie selbst Margerys Bruder Loras heiratet, denn die Lannisters sind – wer hätte das gedacht – pleite. Offenbar hat schon Robert Baratheon das Königreich ordentlich heruntergewirtschaftet und entsprechend hohe Kredite bei der Iron Bank in Braavos aufgenommen. Hinzu kommt, dass der Winter vor der Tür steht, und die Tyrells seit mehreren Staffeln bei der Verpflegung von King’s Landing helfen. Als eine Familie, deren Ruf eng mit ihrem Reichtum verflochten ist, sollten die Lannisters das besser nicht publik werden lassen…
Wer auf jeden Fall um die finanzielle Lage der Krone weiß – obwohl er es in dieser Folge nicht ansprach sollten wir uns darüber im Klaren sein, schließlich diente er jahrelang als Master of Coin – ist Littlefinger, der in der Zwischenzeit mit Sansa Stark das Vale of Arryn erreicht. Sansas Tante Lysa Arryn und ihr nervtötender Sohn Robin begrüßen sie freundlich und für einen Moment scheint es, als habe Sansa zum ersten Mal seit langem einen sicheren Ort erreicht. Für den Zuschauer gibt es allerdings erstmal eine schockierende… Ok, nein, nochmal von vorn: Für den Zuschauer mit wirklich gutem Gedächtnis gibt es eine schockierende Offenbarung: Es war Lysa Arryn, die aus Liebe zu Littlefinger auf dessen Geheiß hin ihren Mann Jon Arryn vergiftete. Littelfinger schürt den Hass zwischen Haus Stark und Haus Lannister also buchstäblich seit Jahren. Er ließ Jon Arryn ermorden, so dass Ned Stark dessen Posten als Hand of the King bekam, worauf Lysa ihrer Schwester schrieb und den Verdacht auf die Lannisters lenkte, worauf Catelyn Tyrion gefangennahm, worauf Jaime Ned Starks Leute tötete… ONE HELL OF A PLAN!!! Kann Littlefinger alle Ereignisse so vorhergesehen haben? Himmel, nein! Entsprechend schwer fällt es, sein genaues Motiv auszumachen. Wollte er Ned Stark aus dem Weg räumen, um sich zu rächen, weil er einsmals dessen Frau geliebt hatte? Hoffte er, nach Neds Tod Catelyn für sich gewinnen zu können? Möchte er einfach gerne Chaos stiften wo immer es geht? Man weiß es nicht. Immerhin ist die Frage „Wer hat Jon Arryn getötet?“ aus der ersten Staffel, die wir alle spätestens nach Roberts Tod vergessen hatten, plötzlich beantwortet.
Sansa, so stellt sich heraus, ist übrigens immernoch nicht in Sicherheit. „Attracting weirdos like a Stark girl“ sollte als Redensart fest in die englische Sprache eingehen. Nicht nur muss sie nachts ihrer Tante Lysa und Littlefinger beim Sex zuhören – die beiden sind zwar noch nicht verheiratet, aber so eilig es Lysa damit hat, der Beischlaf schein Vorrang zu haben – Lysa offanbart sich auch noch binnen kurzer Zeit als ebenso psychopathisch, wie wir sie von der ersten Staffel her in Erinnerung haben. Aus einem warmen Gespräch über die verstorbene Catelyn wird plötzlich ein Verhör, als die eifersüchtige Lysa vermutet, dass er nun deren Tochter nachstellt. Nur mit Mühe kann Sansa sie davon überzeugen, dass Littlefinger nicht an ihr interessiert ist, und auch wenn die Frage, wieso er sich überhaupt so sehr um das Mädchen sorgt, ungeklärt bleibt, lässt Lysa von ihr ab und verspricht, sie mit Robin zu verheiraten, sobald Tyrion tot und Sansa somit wieder frei ist. Eine zweifelhafte Ehre, um die man sie nicht unbedingt beneiden kann.
So wie Cersei sich vom Bild der reichen Lannisters und Sansa sich von der Hoffnung auf ein sicheres Leben bei ihrer Tante verabschieden muss, kann auch Daenerys Targaryen ihr Selbstbild als edle Befreierin der Sklaven nicht länger aufrechterhalten. Man kann also doch nicht von Stadt zu Stadt ziehen, alle Sklavenhalter erschlagen und erwarten, dass sich dort nach der Abreise die selbstständige Friede-Freude-Eierkuchen-Gesellschaft breitmacht, die ja die ganze Zeit nur von den paar bösen Herrschern am erblühen gehindert worden war. In Yunkai herrschen längst wieder Sklavenhalter und in Astapor scheint ein selbsternannter König die Terrorherrschaft nach der französischen Revolution nachzuspielen. Damit es in der Pyramidenstadt Mereen nicht genau so läuft, beschließt Daenerys hier eine Art Herrschafts-Testdurchlauf zu machen und sich als Königin zu beweisen. Damit entscheidet sie sich gegen einen sofortigen Einfall im durch den Krieg geschwächten und von einem kleinen Jungen regierten Westeros, obwohl sie inzwischen die nötigen Schiffe hätte. Das ist schön und gut, aber da sie dies weder in einem Kreise spannender Figuren noch in Gegenwart ihrer Drachen tut habe ich emotional keinerlei Aktien in ihrer Geschichte. Das muss sich langsam mal ändern.
Erfreulicher ist da das Gespräch zwischen Cersei und Oberyn Martell, in dem sie uns ausführlich daran erinnert, dass ihre Tochter Myrcella ja in der zweiten Staffel von Tyrion nach Dorne geschickt wurde und Oberyn bittet, der Prinzessin ein Geschenk mitzunehmen. Ich habe immernoch das Gefühl, dass Oberyn als Figur nicht genug ausgebaut wird. Er scheint von der Inigo Montoya Schiene nicht wirklich runterzukommen und will scheinbar keine Folge vergehen lassen ohne uns zu versichern, dass man in Dorne mit kleinen Mädchen sehr viel besser umgeht als in King’s Landing. Andererseits ist er nicht der einzige Charakter, der vor allem von Rachegelüsten getrieben wird: Arya betet offensichtlich immernoch jeden Abend ihre persönliche Todesliste herunter, nur dass diesmal der Hound zuhört und feststellen muss, dass er ebenfalls darauf steht. Obgleich natürlich sehr absehbar, war dies die vielleicht beste Szene der Folge. Bereits zum zweiten Mal befindet sich Arya in einem widerwilligen Abhängigkeits- und vielleicht sogar Sympathieverhältnis zu einem Todfeind (das erste war ihre Begegnung mit Tywin Lannister in Harrenhall) und ihr innerer Konflikt ist deutlich sichtbar. Auch sie bekommt in dieser Folge eine Lektion erteilt (srsly, „First of his Name“ war eh ein eher halbgarer Name, sie hätten diese Folge „When Reality Kicks In“ nennen sollen), als der Hound sie beim Water Dancing beobachtet, der Fechtkunst, die sie in der ersten Staffel bei Syrio Forel lernte. Aryas Verehrung für ihren verstorbenen Lehrer wird vom Hound mit dem harschen Hinweis quittiert, ein wirklich großer Fechtmeister hätte sich nicht umbringen lassen. Arya nimmt das nicht sonderlich gelassen auf und versucht ihm ihr Schwert Needle in den Bauch zu rammen, kann jedoch dessen Rüstung nicht durchstechen. „Stick them with the pointy end“ wird als Grundsatz scheinbar nicht viel weiter tragen.
Und dann wären da noch die Szenen, in denen Brienne of Tarth und Podrick Payne sich langsam zusammenraufen. Brienne war ja von Anfang an nicht begeistert davon, einen Squire mitzunehmen und Pod ist für die Aufgabe zunächst garnicht so gut geeignet. Seine Reitkünste sind bescheiden, seine Kochkünste noch bescheidener und außer einem extrem guten Herzen bringt er eigentlich keine brauchbaren Eigenschaften mit. So rührend wie er um seine Herrin bemüht ist dürfte es allerdings nur eine Frage der Zeit sein, bis die beiden ein perfekt eingespieltes Tem sind. Wäre diese Folge in sich düsterer und bedrohlicher kämen die Auftritte von Brienne und Podrick mit ihrem leichten Ton und fast slapstickartigen Unterhaltungswert als Gelegenheit zum Durchatmen gerade recht. Dieses Potential geht leider etwas verloren.
Zuletzt kommen wir dann endlich in den Norden zu Craster’s Keep, wo Bran und seine Freunde nach wie vor gefangengehalten werden. Hier wird die Handlung (oder das, was ich von ihr verstanden habe) etwas konfus und ich bin auf eure Hilfe angewiesen: Jojen Reed kann offenbar nicht nur in die Zukunft sehen, sondern auch abgefahrene Feuer-Illusionen heraufbeschwören, nun gut. Locke aka Vargo Hoat schleicht sich ins Keep und berichtet Jon Snow, dass die Gelegenheit günstig ist, aber nicht, dass er Bran dort gesehen hat. Auch gut. Jon und die Night’s Watch Leute überfallen die Deserteure – und verhindern damit die Vergewaltigung von Meera Reed, aber dazu kommen wir noch – und haben eindeutig die Oberhand. Wunderbar. Dann schleicht sich Lock aka Vargo Hoat zu Bran, schneidet ihn los und trägt ihn davon. Häh? Wieso? WIESO? Es mag sein, dass ich irgendwas verpasst habe, aber was MACHT der Mann da??? Wenn er weiß, dass es sich bei dem Jungen um Brandon Stark handelt, wieso bringt er ihn dann nicht auftragsgemäß um? Will er ihn gegen Jon verwenden? Und WOHER weiß er, wer Bran ist? Er ist ihm nie zuvor begegnet. Wenn mich bitte mal jemand aufkären könnte, was genau ich nicht mitgekriegt habe…?
Abgesehen davon liefert uns dieses Setting aber einige großartige Szenen: Bran übernimmt Hodors Körper, Hodor reißt sich los, verfolgt Locke/Vargo Hoat und bricht dessen Genick (Let’s all say it together: ANTIKLIMAX!). Hodors entsetzter Blick, als Bran in seinen eigenen Körper zurückkehrt, spricht Bände. Jojen und Meera überzeugen Bran, dass eine Begegnung mit Jon keine gute Idee wäre (die Macher haben nämlich eine „No Stark Family Reunion“ Klausel unterschrieben?), und die vier machen sich mit dem befreiten Wolf auf den Weg nach Norden. Es kommt zum Showdown zwischen Jon und Karl aka Evil-Guy-Drinking-From-His-Enemys-Skulls und ehrlichgesagt ist der Kampf ziemlich cool. Jon kämpft mit seinem Schwert, Karl mit zwei Dolchen und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Jon gewinnt trotz Verwundung dank einer von Crasters Frauen/Töchtern und rammt Karl das Schwert durch den Kopf – denn diese Game of Thrones Staffel HASST Köpfe und kann sich garnicht genug Möglichkeiten ausdenken, Schädel zu zerstören. Vielleicht hat sich die Entscheidung, ein paar flache Ultrabösewichte in die Serie zu schreiben, doch gelohnt, denn deren Tod war durchaus befriedigend. Crasters Frauen beschließen übrigens, dass sie genug von Männern der Night’s Watch haben und nicht mit zur Wall kommen wollen. Lasst uns hoffen, dass sie ein geheimes paradiesisches Tal finden, in dem sie fortan ungestört leben können, denn sie haben wahrlich genug erlebt. Jon findet Lockes Leiche und wird vermutlich nie erfahren, dass dieser in Wahrheit sein Feind war, und anschließend kommt es zu einer netten Reunion mit Ghost. The End.
„First of His Name“ war keine ereignisarme Folge, aber sie ließ doch einiges vermissen. Einerseits litt sie stark darunter, dass der Grundsatz „show, don’t tell“ schon die ganze Staffel über irgendwie außer Acht gelassen wurde. Lysa erzählt vom Mord an Jon Arryn – was ob der Rückblendenlosigkeit der Serie natürlich nicht anders geht – , Podrick erzählt von Tyrion, Cersei erzählt von Myrcella, Daario erzählt von Yunkai und Astapor. All das sind wichtige Informationen, aber es wäre schön, wenn wir zwischendurch auch mal etwas davon sehen könnten, etwa das Leiden der Menschen in Yunkai oder auch einfach die Prinzessin in den Water Gardens. Andererseits fehlte im Gegensatz zu früheren dialoglastigen Folgen der Biss. Tyrion, sonst Garant für scharfsinnige Repliken, kam nicht vor und auch auf die amüsanten Wortgefechte zwischen Varys und Littlefinger werden wir wohl lange verzichten müssen. Mit Olenna Tyrell hat die Serie scheinbar die letzte spitze Zunge eingebüßt und das hinterlässt eine merkliche Lücke. Schlussendlich fehlte zu großen Teilen die Spannung. Game of Thrones lebt ganz massiv von dem Gefühl, dass überall und jederzeit jedem etwas passieren kann, und das war in dieser Folge kaum gegeben. Die einzigen Figuren, um die man wirklich fürchten konnte, waren Jojen und Meera – aber die meiste Zeit sollte man scheinbar Angst vor Meeras Vergewaltigung haben, und nachdem wir in den letzten beiden Folgen ein absolutes Übermaß an sehr expliziter sexueller Gewalt hatten, fand diese Angst bei mir eher auf einer Metaebene statt: „Lass das, Serie, ich WILL Dich doch mögen und eine dritte für den Plot nicht relevante Vergewaltigungssequenz in folge wäre ein so billiger Versuch, Spannung aufzubauen, dass ich Dir das nicht wirklich verzeihen könnte!“ Übrigens bestand dahingehend nie wirklich Gefahr, denn wie der Vlog auf ChezApocalypse anmerkte darf die Serie die Vergewaltigung einer minderjährigen Figur garnicht zeigen.
Wenn wir nicht zu genau darüber nachdenken, dass die Episode in Craster’s Keep offenbar keinerlei Bedeutung für die gesamte Story hatte und uns nur hinhalten sollte, weil die Staffel ja unglücklicherweise 10 Folgen haben muss (Los, Serie, beweis mir das Gegenteil!), und uns irgendwie über die langsam wirklich störende Abwesenheit von Drachen hinwegtrösten, endet hier aber auch das Gemecker über die letzte Folge und wir können uns alle auf morgen freuen.